Das Wachsen im Dunkeln
Dunkel ist´s, wo Samen wachsen.
Unbekannt
Facetten der Dunkelheit
Dunkel ist´s, wo Samen wachsen.
Dieser Satz hat mich begleitet und mir geholfen, eine freundliche Einstellung zur Dunkelheit zu finden. Als Kind wurde mir vermittelt, dass der Himmel, Gott und das Gute mit Licht verknüpft sind, die Hölle, der Teufel und das Böse mit dem Dunkel. Kein Wunder, dass ich dann die dunkle Jahreszeit nicht mochte und mit Winterblues zu kämpfen hatte.
Zu meiner gesünderen Einstellung zur Dunkelheit kam ich als Erwachsene, indem ich mich woanders informierte und mich in dieser Zeit auf verschiedenen Ebenen mit dem Thema Dunkelheit befasste. Nicht nur damit, was sie mit mir macht, sondern auch mit geschichtlichen und psychologischen Aspekten. Das war hochinteressant.
Wie sehen andere sie, was erleben andere mit ihr, was schreiben andere Menschen über Dunkelheit? Welche Informationen leuchten mir ein? Welche nehme ich an und integriere sie in mein Weltbild?
Mir begegneten Weltbilder und Schöpfungsmythen. kreisende Jahresfeste und berührende Embryos.
Ich fand heraus, dass in der Dunkelheit viel Gutes steckt. Was den Winterblues auf immer verabschiedete. Das Dunkle enthält viele Glücksportionen. Du findest sie, wenn du weiterliest.
In diesem Artikel findest du folgende Aspekte der Dunkelheit:
- Wie Lebendiges im Dunklen gedeiht
- Weltbilder 1 – Schöpfungsmythen im Vergleich
- Weltbilder 2 – Gleicher Rang – gleicher Wert
- Jahreskreis – Rhythmen im Wandel
- Schutzraum – Embryos und Berührung
Wie Lebendiges im Dunkeln gedeiht
Dunkelheit bietet einen geschützten Raum für das Wachsen. Das beobachten wir bei Pflanzen. Die meisten Keimlinge brauchen eine Zeit in der Dunkelheit des Mutterbodens, bevor sie den vertrauten Raum verlassen und die ersten Knospen ans Licht recken.
Es gilt auch für Menschen. Wir entstehen körperlich in der Dunkelheit des Mutterleibes und machen auch dort unsere ersten Erfahrungen. Erst nach neun Monaten erblicken wir das Licht der Welt.
Auch auf Welten kann man es beziehen. Es gibt einige Schöpfungsmythen, in denen die Welt, die Erde aus dem dunklen Schoß einer Muttergöttin geboren wird.
Weltbilder 1 - Schöpfungsmythen im Vergleich
Im christlichen Schöpfungsmythos entsteht die Welt erst aus den Worten „Es werde Licht“. Im christlichen Weltbild sind Gott und gut und Licht miteinander verknüpft. Den Gegensatz bilden Teufel und böse und Dunkel. Es findet ein Kampf statt – Gut gegen Böse, Licht gegen Dunkel.
Dieses Denken hat natürlich auch Einfluss auf den Alltag. Da hatte man dann Angst im dunklen Wald oder drohte ungehorsamen Menschen mit der Hölle.
Die Hölle ist in gutes Beispiel für Weltbilder. Für Christen ist sie ein Ort des Schreckens und der Bestrafung. Vor dem Christentum gab es die Reiche der Totengöttin Hel oder der Holla. Sie waren zwar dunkel, aber gleichzeitig der Ort, an dem die Seelen sich wie im Mutterschoß ausruhen konnten vor der nächsten Inkarnation.
In einigen nicht-christlichen Weltbildern hat das Dunkel einen wertvollen Platz in der Welt. Es ist der Ort des schöpferischen Chaos, der lebendigen Kreativität und ein Schutzraum zum Erholen. Dort entsteht die Welt nicht aus dem Licht. Sie wird geboren aus dem dunklen Schoß einer Muttergöttin. Dunkelheit wird hier als der Urgrund des Seins gesehen, die Basis des Lebens.
Weltbilder 2 - Gleicher Rang, gleicher Wert
Interessant ist, dass in diesen Weltbildern Dunkelheit und Licht als gleichrangig angesehen werden. Man strebt nicht einseitig nach dem Licht und bekämpft nicht die Dunkelheit. Man erkennt beides als Kräfte an, die nicht miteinander kämpfen, sondern miteinander tanzen.
So gibt es auch nicht einen lichten Gott, dessen dunkler Widersacher „nur“ ein gefallener Engel ist. Es gibt Götter, die dunkle Eigenschaften verkörpern – Götter wie Loki und Shiva, Göttinnen wie Hel und Kali. Dunkelheit und Licht sind einfach zwei Seiten einer Medaille, mit verschiedenen Attributen, doch gleich viel wert.
Spannenderweise gibt es in diesen Weltbildern nicht nur den Gegensatz, sondern ein drittes Element. Es gibt dreifaltige Göttinnen oder Götter. Sie verkörpern jeweils eine Phase in einem Zyklus. Sie stehen für den Beginn, das Werden, die Schöpfung. Für die Fülle, das Wachsen, das Erhalten. Für das Ende, das Vergehen, das Zerstören. Sie sind verbunden, eine löst die andere ab in einem ewigen Kreislauf.
In einem Kreislauf muss man als Mensch kein Ende fürchten, man kann sich geborgen fühlen – mitsamt allen Herausforderungen, die man zu bewältigen hat.
Jahreskreis - Rhythmen im Wandel
Dieser Kreislauf wird durchlaufen und strukturiert mit acht Jahreskreisfesten. Kennst du sie? Sie verkörpern den natürlichen Rhythmus der Gezeiten zwischen dunkel und hell im Verlauf der vier Jahreszeiten.
Wenn du sie noch nicht kennst, in diesem Artikel werden sie vorgestellt.
Die Feste stammen aus landwirtschaftlichen Kulturen. Deshalb spielen die Zyklen des Pflanzenwachstums ein große Rolle. Der dunkle Winter ist die Zeit, in der alles zu schlafen scheint. Die Pflanzen wachsen im Verborgenen, in der dunklen Erde, bereiten sich vor. Im Frühjahr kommen sie heraus und nutzen das zunehmende Licht. Der Sommer als hellste Zeit ist auch der Höhepunkt der üppigen Fülle, Farbigkeit und Vielfalt. Im Herbst, nach der Ernte, zieht das Wachstum sich wieder zurück, mit ihm das Licht. Bis der nächste Zyklus beginnt im ewigen Kreislauf.
Bei diesen Festen werden Licht und Dunkelheit in ihrem natürlichen Jahresrhythmus wertgeschätzt. Die lichtreiche Sommerzeit als eine Zeit der Aktivität und des Überflusses, die dunkle Zeit des Winters als eine Zeit der Besinnung, Erholung und Vorbereitung.
Dazu gehört, sich in der Dunklen Zeit auch wirklich auf die Dunkelheit einzulassen. Welche Fähigkeiten entdecken wir im Dunklen?
Schutzraum - Embryos und Berührung
Dunkel ist´s, wo Samen wachsen. Mit diesem Bild sah ich Dunkelheit immer mehr als etwas, das nicht bedroht, sondern beschützt. Dunkelheit als schützender Raum zum Wachsen für Keimlinge.
Samen und Keimlinge gibt es nicht nur bei Pflanzen. Den Keimling des Menschen nennt man Embryo und auch er gedeiht zuerst im Dunkeln. Dort macht er seine ersten Erfahrungen. Deshalb ist der erste Sinn, der sich beim Menschen entwickelt, der Tastsinn. Bereits in der achten Woche berühren sich Embryos im Mutterleib, ertasten so ihre Form, lernen sich kennen, be-greifen sich selbst – alles im Dunkeln.
Für erwachsene Menschen kann die Dunkelheit ein Raum sein, der intensive Erfahrungen ermöglicht. Bleiben wir mal bei der Berührung. Im Dunklen können wir nicht sehen, damit gibt es keine Ablenkung. Mit unseren Sehgewohnheiten ist schnelle Bewertung verbunden. Mit dem Fühlen nehmen wir Dinge unvoreingenommner wahr.
Berührtsein im Dunkeln bringt uns sehr stark in Kontakt mit dem Fühlen. Es stellt eine Verbindung bereit zu einer Form von Lebendigkeit, die wir sonst nicht haben. Eine Lebendigkeit, die uns nährt und Kraft gibt.
Ausblick
Erzähle uns doch in den Kommentaren, was Dunkelheit in dir anspricht. Wie fühlt sich Dunkelheit für dich an? Welche Erfahrungen machst du damit?
Danke für das Beitragsbild
Für das Beitragsbild geht mein 💚liches Dankeschön an Albin Biju und pexels
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